Teil 3: Weitreichende Konsequenzen durch den Mandatsverlust
Der automatische Mandatsverlust des Verwaltungsrats durch unterlassene Einberufung der Generalversammlung hat weitreichende rechtliche und praktische Konsequenzen. Insbesondere wird der Verwaltungsrat ab dem Zeitpunkt des Mandatsverlustes handlungsunfähig. Jegliche Handlungen, die danach vorgenommen werden, sind rechtlich anfechtbar und führen zu potenziellen Haftungsrisiken.
1. Ungültigkeit nachträglicher Handlungen
Alle Handlungen des Verwaltungsrats, die nach dem faktischen Verlust seines Mandats vorgenommen werden, sind rechtlich unwirksam und rückabzuwickeln. Dies umfasst:
- Beschlüsse: Beschlüsse des Verwaltungsrats sind ab diesem Zeitpunkt nichtig, da keine wirksame Organstellung mehr besteht.
- Vertragliche Verpflichtungen: Vom Verwaltungsrat eingegangene Verträge sind anfechtbar und können rückabgewickelt werden.
- Unternehmensentscheidungen: Entscheidungen wie Kapitalerhöhungen, Fusionen oder andere Handlungen, die die Gesellschaft betreffen, sind nichtig.
2. Haftung des Verwaltungsrats
Gemäß Artikel 754 OR haftet der Verwaltungsrat für alle Schäden, die durch die Verletzung seiner Pflichten entstehen. Der Mandatsverlust aufgrund der unterlassenen Einberufung der Generalversammlung stellt eine grobe Pflichtverletzung dar, wodurch die Haftung ausgelöst wird:
- Schadenersatzpflicht: Der Verwaltungsrat haftet persönlich für finanzielle oder materielle Schäden, die der Gesellschaft, Aktionären oder Dritten durch seine Handlungen entstehen.
- Beweislast: Es liegt am Verwaltungsrat nachzuweisen, dass er sorgfältig gehandelt hat, um sich von der Haftung zu befreien.
3. Organisatorische Lähmung der Gesellschaft
- Stillstand der Handlungsfähigkeit: Ohne wirksamen Verwaltungsrat ist die Gesellschaft nicht mehr handlungsfähig. Dies kann dazu führen, dass die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten gerät, etwa weil notwendige Entscheidungen nicht rechtzeitig getroffen werden können.
- Einschreiten des Handelsregisteramts: Das Handelsregisteramt wird die Gesellschaft auffordern, die Mängel zu beheben, und bei Untätigkeit gerichtliche Maßnahmen einleiten, etwa die Einsetzung eines Sachwalters.
4. Eingreifen des Gerichts
Nach Artikel 731b OR kann das Gericht auf Antrag eines Gläubigers, Aktionärs oder des Handelsregisteramts Maßnahmen ergreifen, um die organisatorischen Mängel zu beheben. Dies kann umfassen:
- Ernennung eines Sachwalters oder Notverwalters: Dieser übernimmt temporär die Leitung der Gesellschaft.
- Auflösung der Gesellschaft: Bei andauernder Untätigkeit droht die Liquidation der Gesellschaft.
Empfehlung für Verwaltungsräte:
- Fristgerechte Einhaltung der Pflichten: Die Abhaltung der Generalversammlung ist eine gesetzliche Pflicht und sollte durch sorgfältige Planung und Kontrolle sichergestellt werden.
- Risikomanagement: Regelmäßige interne Audits und die Einholung juristischer Beratung können helfen, solche Pflichtverletzungen zu vermeiden.
- Persönliche Haftungsabsicherung: Verwaltungsräte sollten sicherstellen, dass eine D&O-Versicherung besteht, um persönliche finanzielle Risiken zu minimieren.
Fazit
Der Verlust des Mandats des Verwaltungsrats hat schwerwiegende Konsequenzen. Sämtliche nachträglichen Handlungen sind rückabzuwickeln, und die Verwaltungsräte haften für sämtliche daraus resultierenden Schäden. Um diese Risiken zu vermeiden, ist die rechtzeitige und ordnungsgemäße Abhaltung der Generalversammlung von zentraler Bedeutung.
Rolf Limbeck, 2024